Samstag, 29. Oktober 2022

PREKÄRES REGIEREN BEENDEN

 


EXPERTS IN GOVERNMENT (GER)




PREKÄRES  REGIEREN  BEENDEN


EINSETZUNG EINER EXPERTENREGIERUNG ZUR KRISENBEWÄLTIGUNG

UND SUBSTANZRETTUNG DER FDGO



In Phasen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Krisenentwicklungen sind insbesondere die Regierenden selbst - Bundespräsident, Bundestag, Bundesregierung - aufgefordert, rechtzeitig auch systemische Maßnahmen zur Bewältigung und Gewährleistung 'guten Regierens' zu prüfen, so vor allem und zuerst die Einsetzung einer sog. Expertenregierung bzw. eines Expertenkabinetts.

Dies ist spätestens dann erforderlich, wenn die externen Krisen - Energie, Währung, Internationale Konflikte / Kriege, Gesundheit etc. - durch personalen Kompetenz- und Kontrollverlust wesentlich erzeugt / verstärkt statt bewältigt werden. Deutschland hat keine (arithmetische) Regierungskrise, sondern eine 'Krise des Regierens'. Gleiches gilt ebenso für die EU, umso mehr steht Deutschland als Rückgrat europäischer Zukunft im Mittelpunkt der Konsequenzen fortgesetzt prekären Regierens.

In der Konsequenz dessen geht es dabei vor allem um eine existentielle, strukturelle wie systemische Krisenwahrnehmung in den Bereichen ...


parteien-oligarchische Dehnung staatlicher Macht und Ideologisierung politischen Handelns, Absenz von dringend notwendiger Krisenresilienz und notwendender Verantwortungsfähigkeit,

fehlende pro-aktive, ausgleichende Konfliktsteuerung / deeskalierende Diplomatie in intl Konflikten (speziell betreff Ukraine),

damit zusammenhängend: defizitäre Gestaltung und Steuerung internationaler Interdependenz (auch EU intern) auf Basis angemessener Selbstbestimmung und Interessenpositionierung,

unwirksame Krisen-Konzertierung und Koordinierung aufgrund fehlender institutioneller Vertiefung (EU),

Ineffizienz in der Krisenreaktion sowie insbesondere defizitäre Steuerung resilienter Transitionsprozesse als Teil zukunftsfähiger, kreativ-transformativer Krisenbeherrschung,

Intransparenz in Information und Kommunikation von Politikprozessen, in der Folge stark geschwächtes Vertrauen in Regierung / Regierungshandeln im Sinne professioneller Führung und Krisenregulierung,

Überschätzung staatlicher Regelungskompetenz und weitgehende Entkopplung klassischer wie erfolgreicher Dialogfunktionen zwischen Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft ... ,

marginalisierte Gewaltenteilung und zunehmende Gefährdung der klassischen freiheitlich-demokatischen Grundordnung und Rechtsstaatlichkeit ...


Die Krise des Regierens ist also vor der externen Krisenbewältigung zu lösen: Parteipolitische, selbst ideologische Meinungs- und Willensbildung zumal auf Basis (nur quantitativer!) demokratischer Legitimation als Beherrschungsgrund machtpolitischer Verantwortung ist immer und unabdingbar direkt an personale, soziale und professionelle Kompetenz gekoppelt. Selbst anteiliger Verzicht darauf wird effizienter und wirkungsvoller Machtverortung guten Regierens nicht gerecht insbesondere dann, wenn die Reserven nachlaufender Kompetenzdynamiken aufgebraucht sind. 

Der schon lange zu beobachtende prekäre Zustand vor allem im Bereich der geistigen Führung politischen Handelns als proaktiver Gestaltungsmacht ist die zentrale und entscheidende Ursache, der "Genotyp" struktureller Krisenentwicklung, der auch die jüngeren Krisenerscheinungen bedingt und/oder ihren "Phänotyp" jedenfalls als Camouflage nutzt.

Wenn dabei jedenfalls auch nur hinnehmender Vorsatz nicht zu unterstellen ist und also strukturelle Inkompetenz politischer Führung eine zentrale Krisenursache beschreibt, dann liegt der wohl einzig verbleibende Ausweg rechtsstaatlicher Verfahrenslösung in der Einsetzung einer hoch-kompetenten, ideologiefreien Expertenregierung zur


rationalen, neutralen Krisenbewältigung und proaktiven Führung in offensiv angelegte, effiziente Zukunftsgestaltung,

dialogischen Re-Integration gesellschaftlicher Willensbildungs- und Lösungsprozesse,

Wiederherstellung transparenter Interaktions- und Dialogprozesse zwischen Regierten und Regierenden,

Deeskalation extremistischer Krisenverschärfung und Stärkung gesellschaftlicher Mitte, u. a. auch durch

präzise(n) Steuerung und Transition der Post-Krisen-Modalität des Regierens gemäß fdGO ...


Im Wege des sog. 'Konstruktiven Misstrauensvotums' und auf Basis mehrheitlicher interfraktioneller Einigung ist ein/e neue/r - eben auch perteilose/r - Bundeskanzler/in mit Maßgabe der Bestellung eines Expertenkabinetts zu berufen (nicht zu verwechseln mit einem Beamtenkabinett oder einer geduldeten Minderheitsregierung). Die Initiative dazu liegt wohl bei einer (führenden) Oppositionspartei, sollte die amtierende Bundesregierung nicht geschlossen zurücktreten. Auch mögliche Neuwahlen schaffen keine Abhilfe, da die Personaltableaus der im Bundestag vertretenen Parteien aufgrund ihrer langjährigen Modalitäten der Personalentwicklung eine der wesentlichen Ursachen der heutigen Krisenentwicklung politischer Führung ist (siehe oben).

Je nach aktueller Lageeinschätzung ist die befristete Einsetzung einer Expertenregierung dennoch nicht als ultima ratio einzuordnen, zugleich eine vergleichsweise zuverlässige Gewährleistung freiheitlich-demokratischer Krisenbewältigung und Transition. Die dafür abzuwägenden Vor- und Nachteile sind im wesentlichen wie folgt zu beschreiben:


Vorteile :

Entkopplung von Willensbildung und Politikumsetzung, also Entflechtung üblicher Verschmelzung von (mehrheitlicher) Legislative und Exekutive entgegen grundgesetzlicher Gewaltenteilung / fdGO,

Realistische Entwicklungschancen ideologiefreien, rein professionellen "guten Regierens" / good governance unabhängig von parteipolitischen Bindungen / Rücksichten / Prozessen durch Einsatz von Experten mit Sach-, Führungs- und Sozialkompetenz, Öffnung hin zu vernunftgeleiteten und klugen Entscheidungsprozessen,

Effiziente Rückverlagerung demokratischer Meinungs- und Willensbildung in die exklusive Zuständigkeit des Souveräns, das Parlament: Willensbildung als demokratischer, inter-fraktioneller Abstimmungsprozess,

Einbindung gesellschaftlich integrierter, unabhängiger Professionalität in die Regierungsverantwortung, Befreiung der politischen Parteien von Handlungs-, Fraktions- und Koalitionszwängen,

Erneuerung der Verbindung zwischen Bürger und Staat, Regierten und Regierenden durch Generierung von Vertrauen und Transparenz, durch kompetente politische Aktion und Krisenlösung, also ideologie-neutral und ohne Korrumpierung durch sachfremde Rücksichten, "Entspannung" im Bereich der politischen Mitte, damit einhergehende Marginalisierung extremistischer Politikentwicklung,

Erneuerung der politischen Parteien durch die Entkopplung von Willensbildung und (auch medial vermittelten) Machtprozessen hin zur nachweislichen Regelungskompetenz mit Urteilskraft und pro-aktiver Gestaltungsfähigkeit,

Grundsätzlich: Krisenbewältigung ist auch Katalyse / Fazilitierung von Änderungs- und Transitionsprozessen als Wechsel von Kakistokratie (Herrschaft der Schlechtesten) hin zur Aristokratie (Herrschaft der Besten) im Sinne freier, demokratischer Potential- und Zukunftssicherung ...


Nachteile :

Expertenregierungen werden gemäß historischen Erfahrungen nicht auf Dauer und idR etwa bis zum Ende einer Legislaturperiode eingesetzt, d. h. Regierungshandeln zielt trotz mittel-/ langfristiger Folgenabschätzung nicht auf weit angelegte Politikhorizonte, sondern auf krisenbezogene Handlungs- und Regelungskompetenz,

Expertenregierungen scheitern im Falle fehlender transparenter wie stringenter Interaktion mit dem Parlament, dasselbe gilt für den Dialog zwischen Regierenden und Regierten: Professionelles Politikmanagement wird nur erfolgreich sein, wenn sich die führenden Funktionsträger als Dienstleister der anvertrauten Menschen und Gesellschaft begreifen und sich dabei auf die unbegrenzte Loyalität der Administration stützen können,

im Falle rechtlich bindender internationaler / EU-bezogener "Ver-/Handlungszwänge" bedarf es zuerst der Zustimmung des Parlaments, was Abstimmungsprozesse jenseits nationaler Ebenen verzögern kann,

das Regierungshandeln kann ggf. als "unpolitisch" wahrgenommen werden, was durch die Rückgewinnung von Vertrauen in Regieren und die Regierung ausgeglichen und insbesondere im Krisenmodus als wichtiger Mehrwert transitionsfördernd ist ...


Persönliche Einschätzung

Wenn der Zustand des Regierens ein "besser-nicht-regieren als so-zu-regieren" erreicht hat, zugleich dringende Planungs- und Umsetzungskompetenz als Teil von Krisenbeherrschung vonnöten ist, dann ist der Einsatz eines Expertenkabinetts unausweichlich. Damit ist ein Appell an den gesamten Souverän bzw. die im Bundestag vertretenen Parteien formuliert, der amtierenden Regierung gegenüber keine alleinige Vorwerfbarkeit formuliert, da sie eine bereits stark Krisen geneigte, schwierige Bilanz von der Vorgängerregierung übernommen hat. Dies belegt im übrigen umso mehr die konkrete Gefahr weiterer Verfestigung einer gesamtdeutschen Parteienoligarchie nach dem Muster ostdeutscher Nackriegssystemik - jedenfalls die Parteien des demokratischen Spektrums betreffend, die sich in ihrer finalen Entleerung über wechselnde Koalitionen ins prekäre Regieren flüchten ...

Es geht aber auch darum, noch rechtzeitig zu begreifen: Strukturelle Krisen können rein aus eingefahrenen Personal- und Systemebenen nicht gelöst werden. Hier kommt es auf die "therapeutischen" Kapazitäten neutraler, von Ideologie und Macht unabhängiger Expertise und Professionalität an, um zuverlässig tragende, kluge Lösungen eben unabhängig von bestehender, scheiternder Systemimmanenz herbeizuführen. Zusätzlich liegt darin die überfällige Gelegenheit, eine innovative Massstäblichkeit 'guten Regierens' unter Einschluß voller personaler Verantwortungsfähigkeit zu entwickeln und zu etablieren.

Im übrigen ist der Verfasser nach wie vor davon überzeugt, dass aus dem personalen Fundus von Gesellschaft und Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft eine Exzellenz verpflichtete Expertenrekrutierung zu gewährleisten ist. Freilich ist zu wünschen, dass diese Persönlichkeiten erfolgreich motiviert werden können, sich auch einer konkreten Gemeinwohlverpflichtung zu stellen, nachdem sie seit längerem die Entwicklung zur heutigen Krisenlage abgesehen und entsprechend davor gewarnt haben.

Schliesslich ist eine transparente, klare "Übernahmebilanz" vorzulegen: Expertenregierungen und ihre Krisenbeherrschung haben nicht die Zusatzfunktion einer "false-flag", das strukturelle Politikversagen der bis dato Regierenden zu camouflieren, indem lediglich ein weitgehend "entleerter" Staat der Gesellschaft "rückübereignet" wird. Dabei geht es freilich weniger um "Haftungsfragen", umso mehr aber um die Sicherung der Lern- und Transformationspotentiale als substantielles Re-engineering gemäß freiheitlich-demokratischer Grundordnung.



© J Michael Heynen  |  NOMOI INSTITUTE  |  https://nomoi.webnode.page/


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